Die Person, die ein Anliegen hat, positioniert Stellvertreter*innen für Personen aus ihrem Familien- oder Arbeits-System nach dem eigenen inneren Bild. Danach reagie-ren die Stellvertretungen eigenständig in gesammelter Haltung bzw. werden zu be-stimmten Interaktionen von mir als Aufstellungsleiterin angeregt. Ziel ist hier das posi-tive Einwirken auf ungünstige Konstellationen oder Beziehungsstörungen – doch nur so weit, wie es das System zulässt. Indikatoren für Änderungsbereitschaft sind die Stell-vertreter*innen selbst, die zurückmelden, zu welchen Veränderungen sie aus der Position der Stellvertretung bereit sind.
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Die systemische Aufstellungsarbeit beginnt mit einem Anliegen für eine gewünschte Veränderung aus dem beruflichen oder familiären Kontext. Ohne ein Anliegen, ein klares Ziel, kann es keine Aufstellung geben. Im Vorgespräch stellt der*die Klient*in der Aufstellungsleitung im Seminar vor allen Teilnehmer*innen dieses Anliegen kurz vor. Details sind dabei zwar nicht erforderlich, doch bedarf es ggf. einer Konkretisierung. Als Aufstellungsleiterin werde ich ggf. gezielte Fragen zu gravierenden Ereignissen im System erfragen oder im beruflichen Kontext die hierarchische Struktur versuchen wollen zu verstehen, bevor aufgestellt wird.
Anschließend werden auf Bitten der Aufstellungsleitung Stellvertretungen für bestimmte Personen des Klientensystems gewählt, die der*die Klient*in nach dem eigenen inneren Bild aufstellt: bestimmte Personen näher zueinander, mit dem Blick zu- oder abgewandt etc. Dazu gehört auch eine Stellvertretung für sich selbst. Danach setzt sich der*die Klient*in wieder hin und wird nun zunächst mehr zum*zur Zuschauer*in.
Auch für eine verdeckte Aufstellung gibt es ein Vorgespräch, jedoch unter vier Augen. Der Umfang der bereitzustellenden Informationen wird zu zweit festgelegt. So kann es in einer Aufstellung geschehen, dass ich als Aufstellungsleiterin nur kurz den*die Klient*in vorstelle, über das verdeckte Aufstellen informiere und der*die Klient*in Stellvertreter*innen auswählt ohne zu sagen, wer für wen steht. Auch wenn diese Informationen fehlen, werden die energetisch im Raum befindlichen Informationen sichtbar werden!
Die Stellvertreter*innen fühlen sich in ihre Position ein, wofür es nicht erforderlich ist, Hintergründe zu dieser Person zu kennen. Nun wirkt das morphische Feld… Die Stellvertreter*innen erleben sich in Beziehung zueinander und nehmen bestimmte Empfindungen (körperlich und/oder emotional) wahr. Nicht selten wird von den Klient*innen eine bestimmte Gestik oder ein körperliches Symptom der Stellvertre-ter*innen als charakteristisch für die aufgestellte Original-Person erklärt.
Diese Empfindungen fragt dann die Leitung ab und nimmt im morphischen Feld bzw. aufgrund des Erfahrungsschatzes wahr, wo zwischen-menschlich z.B. Blockaden oder Vorwürfe bestehen. Jedes System hat außerdem eine hierarchische Struktur. Es gibt Rangfolgen unter Generationen, unter Geschwistern, in Patchworkfamilien oder auch in Betrieben nach Organisationseinheiten, Qualifikation und Betriebs-zugehörigkeit. Mithilfe von bestimmten verdichteten Aussagen (Wie z.B. zum Vater: „Ich bin dein Sohn.“ oder zu einer Teamkollegin: „Ab jetzt ziehe ich mit dir an einem Strang.“) werden die Stellvertretungen dazu angeregt, die bisherige Haltung hin zu einer angemesseneren zu verändern. Dazu dienen diese sogenannten Lösungssätze oder auch das Umpositionieren im Raum. Dies alles setzt jedoch in der Regel das Einverständnis der Stellvertreter*innen voraus.
Damit der*die Klient*in das veränderte Beziehungsbild in sich wirken lassen kann, wird eher zum Ende der Aufstellung hin der*die Stellvertreter*in des*der Klient*in durch ihn*sie selbst ausgetauscht und die Aufstellung zu einem Ende gebracht, mit dem möglichst alle Teilnehmer*innen einverstanden sind.
Ein Tages-Seminar beginnt im Allgemeinen mit Bewegung und Begegnung. Die Absicht ist, im Raum anzukommen, allmählich die Gruppen-mitglieder wahrzunehmen und das Herz und die Sinne für die kommenden Aufstellungen zu öffnen. Musik / Rhythmus und Bewegung dienen dabei unterstützend.
Nach erster Begegnung folgt eine kurze Vorstellungsrunde - und dann geht es auch schon los!
Nach jeder Aufstellung gibt es eine kurze Pause bzw. die Mittagspause mit Imbiss in den Räumen des Seminar-Hauses. Dazu bringt jede*r etwas für die Allgemeinheit zu essen mit. Getränke werden gestellt.
Je nach Situation wird auch der zweite Teil des Tages mit Bewegung eingeläutet und das Seminar mit Musik und Abschluss-Übungen beendet. Bequeme Kleidung in mehreren Lagen ist daher sehr nützlich.
Nach einer Aufstellung sollte der*die Klient*in alles genauso weitermachen, wie bisher, bis sich von allein Veränderungen einstellen. Über die Entwicklung der Aufstellung sollte nicht im Detail gesprochen werden, weil man energetisch wieder Rückschritte macht. Und Aufmerk-samkeit schafft Realität: Schildere ich also die Ausgangssituation in allen Einzelheiten, wird es für mich viel schwerer, die veränderte Lösungssituation aus der Aufstellung zu spüren und zu erinnern. Das Lösungs- oder Schlussbild dagegen, das der gewünschten Situation näher gekommen sein sollte, kann jederzeit vor dem inneren Auge betrachtet und mit anderen geteilt werden.
Unterschiedliche Themen können innerhalb weniger Monate aufgestellt werden, wobei Augenmaß zu bewahren ist, handelt es sich doch um energetische Arbeit, die sich dem Verstand bisweilen verschließt. Bis dasselbe Thema wieder aufgestellt wird, sollte auf jeden Fall eine längere Zeit (zwischen drei und sechs Monaten) vergehen, damit quasi das Lösungs- oder Schlussbild reifen kann. Veränderungen können direkt nach einer Aufstellung wahrnehmbar werden, es kann jedoch auch eine Zeit brauchen oder eben noch eine weitere Aufstellung erfordern. Bei besonders schwierigen Themen darf man sich die Entwicklung nach der Zwiebelschalen-Taktik vorstellen: Schicht für Schicht kann abgelegt werden, Schritt für Schritt kommt man seinem Ziel näher. Es gibt auch Themen, die schlicht Lebensaufgabe und Lebensthema bleiben. Dann kann es in einer Aufstellung darum gehen, eine solche Situation angemessen anzunehmen.
Noch wissenschaftlich nicht vollständig belegt ist übrigens, dass die Aufstellungsarbeit nicht nur auf den*die Klient*in wirkt, sondern auf das ganze System, und zwar nicht nur auf die Lebenden, sondern auch auf die verstorbenen Mitglieder des Systems. Viele Aufstellungs-teilnehmer*innen können berichten, dass sich ohne ihr Zutun (so jedenfalls die jeweilige Ansicht) das Verhalten bei Anderen im System im Anschluss an eine Aufstellung verändert habe, die aber gar keine Kenntnis von den Aufstellungen hatten. Für mich ist diese Vorstellung plausibel, und ich habe sie selbst mehrfach selbst erleben dürfen. Aus meiner systemisch-konstruktivistischen Grundhaltung heraus spielt diese Fragestellung nach dem Wie und Warum dennoch eine eher untergeordnete Bedeutung; geht es mir doch vielmehr darum, dass jemand mit einem Anliegen auf Veränderung auch passende Impulse erhält, um den eigenen Prozess in Gang zu bringen, zu verändern oder zu vertiefen.