Qi bedeutet Lebensenergie oder Lebenskraft und Gong so viel wie Üben oder Arbeiten. Qigong ist also das Üben/Arbeiten mit oder an der Lebensenergie. Wie im Yoga und Tai Chi werden die Übungen, die zumeist im Stehen praktiziert werden, ruhig, fließend und bewusst ausgeführt. Die von mir angeleiteten Formen aus dem Qigong Yangsheng nach Prof. Jiao, das Duft-Qigong (Xian Gong) und Guo Lin Qigong nach Meister Zhang bestehen aus einer überschaubaren Reihe von Übungen, die in derselben Abfolge erlernt und wiederholt werden. Somit haben auch Neueinsteiger*innen jeden Alters relativ schnell die Möglichkeit, die Abfolge zu lernen und auch zu Hause zu üben. Bei regel-mäßigem Praktizieren können die Übungen im Laufe der Zeit mit einfachen Mitteln deutlich intensiviert werden. Während zuerst die Bewegungsabfolge eine große Aufmerksamkeit bekommt, sind es später innere Aspekte und eine besondere Achtsamkeit auf die Körper-koordination, die die Übungen täglich neu und anregend bis anstrengend machen können.
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Das Qigong ist eine der vier Säulen der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), neben Akupunktur, Kräuterheilkunde und Tuina-Massage. Hinter jeder Bewegung kann man also ein jahrhundertealtes Wissen über körperliche und geistige Prozesse und (Heil-) Wirkungen erahnen, wie über die Aktivierung des Meridiansystems und den Ausgleich des Energieflusses. Kurz gesagt, können regelmäßig praktizierte Qigong-Übungen dabei helfen, die eigene Lebensenergie zu lenken, zu steigern und zu harmonisieren.
Trotz der sicherlich komplexen theoretisch-medizinischen Hintergründe erfreuen sich viele gerade an den leichten, wenig komplexen Bewegungsabläufen, da die äußeren Übungen recht schnell erlernbar sind und sich schon nach kurzem Üben erste Effekte einstellen können, wie Stärkung der Muskulatur, Verbesserung des Gleichgewichts und der eigenen Körperhaltung und/oder mehr Entspannung. Bei regelmäßigem Üben können die Übungen zunehmend durch kleine Veränderungen, z.B. in der Konzentration auf die Körper- und Atem-bewegungen oder in der Verlangsamung des Tempos, deutlich intensiver gestaltet werden. Mit der Beobachtung und Beruhigung des Atems und der Lenkung der Aufmerksamkeit auf die untere Körperhälfte (v.a. das untere Dantian) können sich Ruhe und Entspannung im ganzen Körper ausbreiten. Es sind also weniger Komplexität oder Akrobatik, die hier bei diesen Übungen gefordert sind, als vielmehr die Achtsam-keit in die kleinste Bewegung sowie die Ausbildung einer inneren Ruhe und die Stärkung der geistigen Kraft und Klarheit.
Qigong kann damit ein wunderbarer Gegenpol sein zum oft hektischen Alltag und ist gleichermaßen geeignet für Bewegungstalente wie für Ungeübte. Auch Menschen deutlich Ü50 können jederzeit einsteigen.
"Wahre Ruhe ist nicht Mangel an Bewegung. Sie ist Gleichgewicht der Bewegung." (Ernst Freiherr von Feuchtersleben)
Gleichgewicht... - erinnert das nicht an Yin und Yang aus der fernöstlichen Philosophie? Die Gegenpole, die sich gegenseitig bedingen? Dazu gehören auch die Bewegung (Yang) und die Ruhe (Yin), die Grundprinzipien im Qigong. Entsprechend wechseln sich im Qigong gern lang-same, harmonisch-fließende Bewegungen mit ruhenden Haltungen ab, wobei auch diese ruhenden Haltungen nie starr gehalten werden, sondern kleinste Bewegungen werden ausgeführt, die von der Nicht-Bewegung kaum zu unterscheiden sind. Fortgeschrittene haben hier, in diesen Übungen des Yang im Yin, für lange Zeit Herausforderungen, die das Üben auch immer wieder derselben Formen nicht langweilig werden lassen.
Je länger das Qigong praktiziert wird, desto besser kann die Achtsamkeit auf die eigene Körperhaltung, die eigenen Bewegungen und die Atmung werden. Die Prinzipien der Körperhaltung lassen sich auch auf den Alltag übertragen. Wie hebe ich die Kaffeekanne? Was macht meine Atmung, wenn ich mich aufrege? Wie kann ich meine Kraft besonders gut einteilen? Wie kann ich trotz Ärger in einer entspannten Atmung bleiben? Diese Beispiele zeigen, dass das Qigong ein gutes Mittel ZIELWÄRTS sein kann, eine gute Form des Selbst-Coachings: Mehr körperliche Fitness, eine gesündere Körperhaltung, eine tiefere Atmung, mehr Achtsamkeit auf die eigenen Bewegungen sowie mehr mentale Klarheit und Gelassenheit, als mögliche Ergebnisse regelmäßigen Praktizierens, können den eigenen Stand-Punkt auch im übertragenen Sinne besser bestimmen lernen. Damit kann das Qigong eine gute Unterstützung darstellen in persönlichen Veränderungs-prozessen oder im Bestehen schwieriger Situationen. Probieren Sie es aus!