Als Methode zur Förderung der Selbstheilungskräfte sind einzelne Übungen, die heute dem Qigong zugeschrieben werden, vermutlich schon vor etwa 5000 Jahren entstanden. Sowohl im Konfuzianismus, Taoismus und Buddhismus hatten bzw. haben diese Übungen ihre wichtige Bedeutung. Viele Qigong-Übungen sind zudem den Kampfkünsten entlehnt - vielleicht als damals praktische Variante in den Klöstern, sich mit den Prinzipien des Energieflusses auch bei Angriff und Verteidigung meditativ auseinanderzusetzen. 

 

Weiter lesen...



Wieviele qigong-übungen gibt es überhaupt und wozu dienen sie?

Qigong-Übungen gibt es unendlich viele! Das Praktizieren von Übungen, mit denen man an der Lebenskraft oder Lebensenergie arbeitet, ist vielleicht schon so alt, wie Menschen Bewegungen bewusst und effektiv ausführen wollen, sei es, um Kraft zu sparen oder sie optimal einzusetzen oder aus anderen Gründen, die Energien bestmöglich fließen zu lassen. Tiere machen dies unbewusst, Menschen haben die zusätzliche Gabe, sich über die Bewegungen und ihre Wirkungen Gedanken zu machen. Sicherlich haben unsere Vorfahren bei der Jagd, als Sammler und Nomaden, später auch in der traditionellen Landwirtschaft bzw. im Handwerk in ihrem täglichen Einsatz des Körpers Wissen angesammelt und weitergegeben, wie diese kräftezehrende Arbeit leichter von der Hand geht oder eine bessere Körperkoordination zu mehr Geschicklichkeit und damit auch zu Vorteilen führt. 

 

Ganz allgemein geht es bei Qigong-Übungen zum einen um eine direkte Verbesserung der Körperwahrnehmung und Körperkoordination und indirekt um die Stärkung des Meridiansystems, um die Auflösung von Blockaden. Die Energien sollen wieder ins Fließen gebracht, die inneren Organe gestärkt werden. Zum anderen geht es um die Verbesserung der Innenschau/Achtsamkeit und Konzentration, der inneren Ruhe und der mentalen Kraft. Qigong-Übungen sollen also dazu dienen, dass wir unser Leben besser meistern können und mit gesundem Körper und Geist länger leben. Sie sind damit eine Methode zur Aktivierung der Selbstheilungskräfte.


Wechselwirkungen zwischen KÖrper und Geist

Wenn es gelingt, mit Qigong mehr innere Ruhe und mehr Körperwahrnehmung zu erzielen, dann hat das Auswirkungen auf den gesamten Organismus, auf Körper, Geist und Seele. Mens sana in corpore sano - Ein gesunder Geist wohnt in einem gesunden Körper. Gelingt es also, mit Körperübungen positive Prozesse im Körper zu erreichen, wirkt sich das auch positiv auf den Geist aus (mehr Ruhe und Entspannung) - und das gilt natürlich auch umgekehrt! 

 

Man geht, wie man sich fühlt... - Im Qigong wird viel Wert auf eine aufrechte Haltung mit einem leichten Muskeltonus (leichte Anspannung) gelegt. Es ist inzwischen wissenschaftlich belegt, dass Körperhaltungen auch auf den "mentalen Muskel", den Geist, wirken. Versuchen Sie mal, ein stolzes Gefühl zu halten, während Sie kraftlos in sich zusammensinken... Kennen Sie Lach-Yoga? Auch ohne gleich einen Kurs belegen zu müssen, können Sie schon vor dem Spiegel Ihre Stimmung heben, indem Sie sich fünf Minuten lang angrinsen. Über die typischerweise zum Lächeln hochgezogenen Mundwinkel werden dem Gehirn Signale gesendet, die als Freude interpretiert werden, wodurch wiederum das Gehirn Signale sendet (z.B. zur Ausschüttung von Hormonen wie Serotonin oder Endorphinen). Das Gehirn kann auf gewisse Weise also nicht unterscheiden, was die Ursache für die hochgezogenen Mundwinkel ist - das daraus entstehende Gefühl "Freude" erhellt trotzdem über kurz oder lang das Gemüt, wirkt auf den Allgemeinzustand.

 

Man geht also, wie man sich fühlt... - Mit Qigong und den damit verbundenen bewussten aufrechten Körperhaltungen und der allgemeinen Aktivierung der Muskulatur können Sie also auf Ihr Gemüt positiv Einfluss nehmen. Fühlen Sie sich damit zunehmend positiv gestimmt, gelassener und/oder entspannter, ändert sich auch Ihre Körperhaltung und Ihre Atmung. Dann fällt es wiederum leichter, die Qigong-Übungen wie gewünscht auszuführen oder zu intensivieren. Damit geht die Wirkungsweise des Qigong über die "wissenschaftlich anerkannte Entspannungsmethode", wie es bei den Krankenkassen heißt, idealerweise deutlich hinaus. Die Wechselwirkungen sprechen Körper und Geist, das Übungsgeschehen und den Alltag an. 

 

 


kurze Entstehungsgeschichte des qigong

Ohne tiefer in die altchinesischen Philosophien und Glaubensprinzipien der letzten ca. zweitausend Jahre einzusteigen, tauchen diese schon bei oberflächlichem Lesen über die Entstehung des Qigong als wichtige Eckpfeiler auf. Philosophien spielen deshalb eine wichtige Rolle, weil sie sich einerseits mit dem Mensch-Sein auseinandersetzen, andererseits mit der Frage, wie es dem Menschen besser gehen kann, sowohl als Individuum als auch in der Gesellschaft. Bei den bekannten altchinesischen Philosophien, wie dem Konfuzianismus und Taoismus und später dem Buddhismus (der in etwa zeitgleich zum Konfuzianismus in Indien entstand), spielen für das persönliche und gesellschaftliche Wohlbefinden je nach Epoche unter anderem bestimmte Werte und Tugenden eine Rolle (z.B. Ehrlichkeit, Lernbereitschaft, Mut und Mitgefühl), an denen jeder Einzelne arbeiten kann, um damit der Gesellschaft zu dienen. Diese Arbeit konnte sowohl aus äußeren Übungen (zur Verbesserung der Kraft und des Wohlbefindens) als auch aus inneren Übungen (z.B. Meditation) bestehen. Qigong-Übungen waren aus philosophischer Betrachtung also sowohl auf das Wohl des Individuums ausgerichtet als auch auf das Wohl der Gesellschaft. Dabei war einigen Philosophen auch bewusst, dass diese Arbeit sowohl Motivation erfordert als auch die nötige Zeit dafür. Wer sein tägliches Ziel darin suchen muss, überhaupt satt zu werden, wird sich nicht noch mit der richtigen gelassenen inneren Haltung beim Jagen eines Kaninchens auseinandersetzen können. Und wer zu satt ist, könnte vielleicht zu träge dazu sein, sich hehre Ziele zu setzen...

 

In die altchinesischen philosophischen Betrachtungen flossen die ca. vier- bis sechstausend Jahre alten bekannten Methoden zur Förderung der Selbstheilungskräfte aus der Traditionellen Chinesischen Medizin sicherlich mit ein.  In der TCM geht es im Wesentlichen um das Ins-Fließen-Bringen der Lebensenergie durch besagte innere und äußere Übungen. Sind alle Energieleitbahnen (die Meridiane) für die Lebensenergie stau- und blockadefrei passierbar, ist der Mensch gesund. Krankheit entsteht nach der Traditionellen Chinesischen Medizin durch Blockaden im Energiefluss. Qigong-Übungen wurden also in Anwendung gebracht, um diesen Energiefluss zu optimieren, damit die Menschen möglichst lange möglichst gesund leben konnten oder durch die Anwendung der Qigong-Übungen in Verbindung mit den anderen wichtigen Heilmethoden der TCM, der Akupunktur, der Tuina-Massage und der Kräuterheilkunde, wieder gesund werden konnten.

 

Qigong-Übungen waren auch ein wichtiger Bestandteil in den Klöstern des alten China: Hier wurden die philosophischen Anschauungen und das Wissen der Traditionellen Chinesischen Medizin gelehrt und weitergegeben. Mit zunehmendem Wohlstand in den Klöstern wuchs allerdings auch die Habgier außerhalb der Klostermauern, so dass die Klöster Ziel marodierender Banden wurden. Die für die Pflege der Tugenden und die Förderung der Selbstheilungskräfte so wichtigen inneren und äußeren Übungen des Qigong bekamen durch diese Attacken offensichtlich eine weitere Zielbestimmung, nämlich die Optimierung der Körperkoordination und der geistigen Klarheit zur Verteidigung der Klöster. Qigong, Tai Chi Quan und Kung Fu entwickelten sich damit zu den chinesischen Kampfkünsten alter Zeit (weiter), deren Schwerpunkt im Erlernen und Pflegen des optimalen Bewegungsablaufs eines bestimmten Angriffs oder einer Verteidigungshaltung besteht, bei entsprechender geistiger Haltung. Kampfkunst deshalb, weil mehr das innere Wachstum der Klosterschüler anhand der Kunstfertigkeit der Übungen im Vordergrund stand als der Kampf an sich. Anhand der Physiognomie des Menschen ließen sich über die Jahrhunderte die Bewegungsabläufe in den Klöstern analysieren, in Zeitlupe meditativ gestalten und immer weiter optimieren - und zwar mithilfe der Prüfung des Energieflusses. Woher kommt eine Kraft? Wohin geht sie? Welche Spannungsbögen und widerlagernden Kräfte spielen eine Rolle? Fließt die Energie optimal, wird Kraft optimal (kräfteschonend und effizient) einsetzbar, ein schlechter ausgebildeter Gegner besiegbar. Trotzdem entsprach die klösterlich-philosophische Haltung der Mönche vermutlich eher dem nachfolgenden Satz: Wahrhaft siegt, wer nicht kämpft. (Sunzi oder Sun Tzu, ca. 500 v. Chr.) 

 

Das Qigong als Methode zur Verbesserung der Tugenden (modern im Sinne des Selbstcoaching), als Selbstheilungsmethode und als Kampfkunst (als Mittel zur Selbstverteidigung) ist also eine sehr alte und kraftvolle Methode zur Persönlichkeitsentwicklung und Gesunderhaltung. Gleichzeitig haben die Meister offensichtlich über die Jahrhunderte intensiv daran gearbeitet, diese Übungen in den Bewegungsabläufen eher einfach zu gestalten. Möglicherweise hat sich dies aufgrund der Heilungsabsichten entwickelt, damit auch Ungeübte diese Bewegungen mit bester Wirkung ausüben konnten. Damit steht auch Menschen, die mit fernöstlichen Kampfkünsten nicht aufgewachsen sind, diese Bewegungskunst ohne besondere Vorkenntnisse und körperliche Fähigkeiten offen. Sie können die Bewegungen schnell nachmachen und auch schnell positive Effekte spüren. Das konnte Professor Jiao in den 1960er Jahren auch erfahren, als er nach Europa reiste, um zu prüfen, ob diese für uns völlig fremden Bewegungen dieselben Effekte haben wie in China. Und er stellte fest: Das haben sie!

Deshalb bin ich vom Qigong so begeistert und freue mich, wenn zunehmend mehr Menschen meine Begeisterung teilen!